Abmahnung wegen Osteopathie ist übertragbar auf Physiotherapie

  

Das Landgericht Karlsruhe hat am 14.11.14 (Az.: 14 O 49/14 KfH III) ein sehr wesentliches Urteil  verkündet, welches bisher wenig Beachtung gefunden hat, aber enorm wichtig ist für Physiotherapeuten und auch Osteopathen. Dabei werden Physiotherapeuten auf den ersten Blick erst gar nicht erkennen, wie wichtig das Urteil tatsächlich für diese Berufsgruppe ist.

 

Das Gericht entschied, dass grundsätzlich Therapeuten, die über die Wirksamkeit ihrer angebotenen osteopathischen Behandlungen mehr versprechen, als sie wissenschaftlich belegen können, nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) wegen irreführender Werbung abgemahnt werden können.

 

Die Abmahnung wurde im vorliegenden Fall seitens der Wettbewerbszentrale mit Sitz in Bad Homburg, also einem Verein, der sich für einen fairen Wettbewerb einsetzt, ausgesprochen.

Den Abgemahnten wurde § 3 HWG zum Verhängnis, der sich mit Irreführung auseinandersetzt. Danach liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn Behandlungen eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen zugesprochen werden, die sie nicht haben. Die Werbung sah so aus, dass lediglich geschrieben wurde „Therapie bei ...(Liste von Indikationen)“.

Die Richter entschieden, dass im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung nur dann zulässig sein würden, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Die Beklagten konnten sogar Studien und Studienzusammenfassungen vorlegen. Nach Ansicht des Landgerichts konnte damit aber die Werbeaussage nicht belegt werden. Für bestimmte Indikationsbereiche würden die wissenschaftlichen Nachweise zudem komplett fehlen. Auch erwähnten die Richter, dass in der Wissenschaft Zweifel an den Grundlagen der Osteopathie bestehen würden. Das Gericht ließ mithin nicht die Bewertung der Bundesärztekammer zu den osteopathischen Verfahren aus dem Jahr 2009 ausreichen, um die Osteopathie als anerkannte Behandlungsmethode in Bezug auf die bewerbenden Indikationen zu akzeptieren.

 

Das Urteil beschäftigte sich somit grundsätzlich mit der Osteopathie und dürfte auch in Zusammenhang mit dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.09.2015 interessant sein.

Jetzt fragen sich Physiotherapeuten aber sicherlich, welchen Bezug diese zu der genannten Entscheidung des LG Karlsruhe haben.

Der Bezug könnte gar nicht größer sein, weil sich alle Feststellungen auf die Physiotherapie übertragen lassen. Physiotherapeuten sind im Allgemeinen sehr kreativ, was das Werben anbelangt. Dabei werden regelmäßig die rechtlichen Möglichkeiten weit überschritten. Auf fast jeder Internetseite einer Physiotherapiepraxis wird beispielsweise damit geworben, dass Behandlungen aus dem Spektrum der physikalischen Therapie bei gewissen Indikationen angewandt werden (eben „Therapie bei...). Dabei liegen meist gar keine wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise vor, dass gewisse Therapien bei gewissen Indikationen überhaupt Wirkung zeigen oder erfolgreich sind.

Das LG Karlsruhe hat in seinem Urteil sehr hohe Maßstäbe angelegt. Andere Gerichte würde dies möglicherweise ähnlich handhaben. Somit sollten Physiotherapeuten, aber auch alle anderen Personen, die auf dem Gebiet der Heilbranche tätig sind, grundsätzlich immer hinterfragen, ob sie in einer Werbung tatsächlich Indikationen mit Therapien verknüpfen wollen. Wenn dem so ist, müssen Therapeuten damit rechnen, dass sie wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden und dann belegen müssen, dass eine Wirksamkeit auch sicher wissenschaftlich zu belegen ist. Dies wird im Einzelfall schwierig.

Die Entscheidung spielt somit auf einen Umstand an, der sicherlich nicht neu ist. Der Richterspruch ist ebenso nicht überraschend, sondern nur ein weiterer Anlass die aktuelle Rechtslage auf einen konkreten Fall anzuwenden. Es kommen eben selten Gerichte dazu entsprechende Urteile zu sprechen, weil es so viele Abmahnungen auf dem Gebiet der Heilberufe gar nicht gibt, jedenfalls im Vergleich zu anderen Geschäftsbereichen. Würde es mehr Wettbewerbsvereine geben, müssten Therapeuten mit mehr Abmahnungen rechnen. Weil sich jedoch niemand zu sicher fühlen sollte, rate ich dazu, dass man die Aussagen des Urteils als Therapeut beherzigen und den eigenen Werbeauftritt nochmals einer kritischen Prüfung unterziehen sollte.