Maskenverweigerer können gekündigt werden

 

Seit Beginn der Corona-Pandemie kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffend der Maskenpflicht. Ähnliche Auseinandersetzungen entstehen zwischen der Praxis und den Patienten. Ob die Nichtbefolgung der Maskenpflicht Konsequenzen für den Arbeitnehmer haben kann, haben wir bereits in vorherigen Veröffentlichungen thematisiert, weil Rechtsanwalt D. Benjamin Alt bereits mehrere derartige Fälle zu bearbeiten hatte. Nun liegt jedoch der erste veröffentlichte Fall vor, in welchem das Arbeitsgericht Cottbus mit Datum vom 17.06.2021 (Az.: 11 Ca 10390/20) eine Entscheidung getroffen hat. Es kam dabei zu dem Ergebnis, dass in einem Dienstleistungsbetrieb, in dem ein physischer Kundenkontakt (Patientenkontakt) besteht, der Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) verpflichtend anordnen kann. Weiter erklärte das Arbeitsgericht, dass aus einem Attest zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS hervorgehen muss, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines MNS zu erwarten sind. Sofern aufgrund einer wirksamen Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS oder aufgrund der Verweigerung eines Tragens keine Möglichkeit des Einsatzes im Betrieb besteht, wäre darüber hinaus eine Kündigung in der Regel gerechtfertigt.

 

Im konkreten Fall ging es um eine Logopädin, welche als einzige Beschäftigte in einer logopädischen Praxis beschäftigt war. Als die Logopädin aus der Elternzeit zurück kam, wurde seitens der Arbeitgeberin das Tragen eines MNS angeordnet. Die Arbeitnehmerin weigerte sich den MNS zu tragen und legte ein ärztliches Attest vor. Die Arbeitgeberin bot der Arbeitnehmerin verschiedenste Masken zum Ausprobieren an und zusätzlich das Einlegen von zusätzlichen Pausen. Als die Arbeitnehmerin dann die Arbeitsleistung ohne Tragen eines MNS erbringen wollte, wurde sie nach Hause geschickt und erschien dann erneut mit dem Willen, ohne Maske zu arbeiten. Das Arbeitsverhältnis wurde dann ordentlich gekündigt und es erfolgte eine unwiderrufliche Freistellung von der Arbeitsleistung unter Anrechnung von Urlaub. Im September 2020 wehrte sich die Arbeitnehmerin gegen die Kündigung mit einer Klage. Das Arbeitsgericht gab jedoch der Arbeitnehmerin nicht Recht. Die Kündigung wurde als nicht treuwidrig angesehen. Das Gericht entschied, dass die Arbeitgeberin zu Recht die Entscheidung hätte treffen können, dass während der Behandlung ein MNS zu tragen ist. Zum entsprechenden Zeitpunkt war aufgrund der landesrechtlichen Regelung das Tragen eines MNS zwingend vorgeschrieben. Auch der SARSCoV-2-Arbeitsschutzstandard für logopädische Praxen sah das Tragen eines MNS vor. Das Gericht entschied, dass dahinstehen kann, ob diese Angaben überhaupt verbindlich sind, weil jedenfalls nicht zu beanstanden gewesen wäre, wenn die Arbeitgeberin sich diese Regelung zu eigen macht und die Vorgaben umsetzt. Vielmehr erläuterte das Gericht, dass die Arbeitgeberin auf Grundlage einer durchzuführenden Gefährdungsanalyse das Tragen des MNS angeordnet hat und dies nicht zu beanstanden ist. Zu Recht habe sie davon ausgehen können, dass bei einer logopädischen Behandlung ein Abstand von 1,50 Meter nicht stets gewährleistet ist. Darüber hinaus habe die Arbeitgeberin aufgrund seriöser wissenschaftlicher Erkenntnisse davon ausgehen können, dass das Risiko einer Übertragung des SARSCov-2-Virus in geschlossenen Räumen durch das Tragen eines MNS wirksam eingedämmt werden könne. Daher sei die Arbeitgeberin nicht nur berechtigt gewesen, sondern sogar dazu verpflichtet gewesen, zum Schutz der Gesundheit der Patienten und der Arbeitnehmerin sowie zum Eigenschutz das Tragen eines MNS anzuordnen. Dies würde umso mehr gelten, weil das Risiko einer zeitweisen Schließung der Praxis in Folge einer Infektion und Quarantäneanordnung bestanden hätte. Somit war die Entscheidung der Arbeitgeberin weder willkürlich noch unangemessen. 

 

Darüber hinaus habe die Arbeitgeberin zahlreiche Bemühungen unternommen der Arbeitnehmerin das Arbeiten mit MNS zu ermöglichen. So seien ihr verschiedene Maskentypen angeboten worden, welche sie auch zuhause hätte ausprobieren können und ihr wären zusätzliche Pausen ermöglicht worden. 

 

Weil die Arbeitnehmerin das Tragen eines MNS während der Behandlung endgültig abgelehnt hat, habe dann keine Einsatzmöglichkeit mehr im Betrieb der Arbeitgeberin bestanden. Der Arbeitnehmerin habe die erforderliche Eignung gefehlt, um die Arbeit als Logopädin zu verrichten. 

 

Ferner seien die von der Arbeitnehmerin vorgelegten Atteste nicht geeignet gewesen, eine wirksame Befreiung vom Tragen eines MNS zu begründen. Es habe auch keine Rolle gespielt, dass die Atteste gemäß den Coronaschutzverordnungen der Bundesländer erteilt worden seien. Atteste, mit welchen festgestellt würde, dass ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht zu befreien sei, könnten nicht Grundlage einer Entscheidung zur Befreiung vom Tragen eines MNS sein. Derjenige, welchem ein Attest vorgelegt wird, müsste aufgrund konkreter nachvollziehbarer Angaben in die Lage versetzt werden prüfen zu können, ob die Voraussetzungen einer Befreiung tatsächlich vorliegen. Daher müsse aus dem Attest hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund des Tragens eines MNS zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren würden. Darüber hinaus müsse erkennbar sein, auf welcher Grundlage der Arzt, welcher das Attest ausgestellt hat, zu seiner Entscheidung gekommen sei. Diesbezüglich berief sich das Arbeitsgericht Cottbus auch auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16.09.2020. 

 

Aus dem Attest hatte sich im vorliegenden Fall lediglich ergeben, dass das Tragen eines MNS für die Arbeitnehmerin unzumutbar sei. Derartige Atteste seien nicht hinreichend aussagenkräftig und zur Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe nicht ausreichend, welche zu einer Befreiung von der Maskenpflicht führen würden. Diesbezüglich verwies das Gericht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25.08.2020. 

 

Mitunter sah das Gericht in den ärztlichen Befreiungsbescheinigungen Gefälligkeitsbe-scheinigungen. Da keine wirksame Befreiung der Maskenpflicht vorlag, stelle die Weigerung zum Tragen eines MNS eine Arbeitspflichtverletzung dar. Es sei darüber hinaus auch nicht ansatzweise erkennbar gewesen, warum die Entscheidung der Arbeitgeberin willkürlich und unangemessen gewesen sei und die Kündigung treuwidrig gewesen sein soll. 

 

Wegen der fehlenden Einsatzmöglichkeit der Arbeitnehmerin war somit eine betriebsbedingte Kündigung möglich. Wegen der fehlenden Eignung war diese auch personenbedingt möglich. Wegen der Arbeitspflichtverletzung wegen Weigerung der Ableistung der Arbeit war sie darüber hinaus noch verhaltensbedingt begründet. 

 

Das Arbeitsgericht Cottbus veröffentlichte nunmehr als eines der ersten Arbeitsgerichte eine Entscheidung, welche sich mit der Maskenpflicht auseinandergesetzt hat. Sehr deutlich verwies es auf die Gefährdungsanalyse der Arbeitgeberin und darauf, dass ein Attest zur Maskenbefreiung bei engem Patientenkontakt letztlich nur zu einer Kündigung führen kann. 

 

Im vorliegenden Fall gab sich das Gericht große Mühe, sauber und umfassend die Rechtslage darzustellen. Insbesondere wurde genau dargestellt, dass ein Attest zur Maskenbefreiung ganz konkret darstellen muss, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch das Tragen der Maske zu erwarten sind. Die Grundlage der ärztlichen Entscheidung muss ebenso konkret und umfassend dargestellt werden. Selbst, wenn jedoch ein solches Attest vorliegt, ist die Kündigung rechtmäßig, wenn keine andere Einsatzmöglichkeit im Betrieb besteht. 

 

Folglich sollte allen Arbeitnehmern bewusst sein, dass eine rechtmäßige Kündigung droht, wenn man sich nicht an die Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Betrieb hält. Darüber hinaus entspricht es im Zweifel der individuellen Gefährdungsanalyse der Praxis, ob ein MNS zu tragen ist. Eine solche Anordnung ist in einem Betrieb mit engem Kundenkontakt bzw. Patientenkontakt auch möglich, selbst wenn die gesetzliche Verpflichtung gar nicht besteht. Alle entsprechenden Feststellungen aus dem Urteil lassen sich ohne weiteres auf andere Heilmittelberufe übertragen. Die Feststellungen gelten somit auch für medizinische Massagepraxen, Physiotherapiepraxen, Ergotherapiepraxen und Podologiepraxen. Da es sich hier um eine Entscheidung des Arbeitsgericht Cottbus handelt, können selbstverständlich andere Gerichte anders entscheiden, wobei sich inzwischen durch mehrere Urteil von unterschiedlichsten Gerichten eine klar Meinung der Rechtsprechung herausbildet, welche genau in die Richtung geht, wie das Arbeitsgericht Cottbus entschieden hat.